Der Angelina Jolie Effekt: Was steckt medizinisch dahinter?
Seit Angelina Jolie sich für die prophylaktische Brustentfernung entschieden hat, wird dieses Thema viel diskutiert. Die allgemeine Wahrnehmung zum Thema Brustkrebs ist seitdem eine Andere. Dies zeigt auch eine derzeitige Ausstellung der „Venus von Wien“ im Naturhistorischen Museum, welche Bewusstsein schaffen und zum Nachdenken anregen will. Doch welche Möglichkeiten hat eine Frau, wenn sie vorzeitig eingreifen möchte?Unser Experte Dr. Dobrovits klärt auf:

Es ist wichtig, dass zuerst festgestellt wird, ob eine Genmutation (BRCA1 und BRCA2) vorliegt. Wenn dies der Fall ist, gibt es Programme zur Früherkennung des Brustkrebses. Eine andere Möglichkeit ist eine prophylaktische Mastektomie vorzunehmen, d.h. eine beidseitige Entfernung der Brust.
Im Rahmen der Brustentfernung kann eine simultane Brustrekonstruktion vorgenommen werden. Hier gibt es Varianten mit Eigengewebe, mit Implantaten oder eine Kombination aus beiden Techniken, wie bei Angelina Jolie.
Ich selber habe den rekonstruktiven Teil schon bei vielen Patientinnen erfolgreich durchgeführt. Bei genetischer Vorbelastung werden all diese Vorgehensweisen von den Krankenkassen unterstützt und auch bezahlt.
Natürlich gibt es auch Sonderfälle: Patientinnen, die keine genetische Belastung haben, jedoch an einer Brust an Krebs erkranken und den Wunsch äußern, beide Brüste zu entfernen. D.h. sie möchten auch die gesunde - nicht nachgewiesener Weise vom Krebs befallene Brust – abnehmen. In der Regel wird diesem Wunsch auch nachgekommen, allerdings bedingt dies eine ausführliche Aufklärung des behandelnden Gynäkologen oder Allgemeinchirurgen.
Der Grund dafür liegt bei diesen Patientinnen, in dem doch im Vergleich zur Normalbevölkerung erhöhtem Risiko, auf der primär nicht befallenen Seite erneut Brustkrebs zu bekommen.
Auch wenn der einseitige Brustkrebs in mehr als 85 % aller Patientinnen brusterhaltend behandelt werden kann, gibt es Frauen, die dennoch beide Brüste prophylaktisch entfernt haben möchten.
Auch solche Patientinnen habe ich schon mitbehandelt und nach der Brustentfernung durch den behandelnden Gynäkologen oder Allgemeinchirurgen, in der gleichen Operation rekonstruiert.
Was die Brustentfernung ohne genetische Belastung betrifft, so muss dies aus heutiger Sicht dezidiert abgelehnt werden! Wenn es gar keinen Hinweis auf eine familiäre, genetische Belastung gibt und natürlich auch keinen diagnostizierten Brustkrebs, so liegt auch keinerlei Indikation für einen solchen Eingriff vor! Das ist durchaus vergleichbar, mit einer prophylaktischen Prostataentfernung beim Mann, was auch nicht gemacht wird. Die Krankenkasse übernimmt auch die Kosten für so einen Eingriff in der Regel nicht.
Das Wichtigste aber ist, jede betroffene Frau muss diese Entscheidung für sich selbst treffen!